Zurück

Göttinger Tageblatt vom 30. April 2004

Liberal, nicht gleichgültig

Rabbiner Dienemann

 

Göttingen (mic). „Nicht scharf genug kann es daher ausgesprochen werden, dass liberales Judentum nicht das Geringste mit denen zu tun hat, denen die Erhaltung einer jüdischen Frömmigkeit gleichgültig ist, die eine Verpflichtung überhaupt nicht anerkennen, die bestimmte. Formen aus Gleichgültigkeit oder aus glatter Bequemlichkeit ablehnen", betonte der Offenbacher Rabbiner Max Dienemann 1935 in seinem Essay „Liberales Judentum“.

Trotz dieser Klarstellung steht der Vorwurf auch 70 Jahre später noch im Raum berichtete Francesca Yardenic Albertini als Gast der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit während eines Vortrages über Dienemann..

Der habe im Angesicht des gewalttätigen Antijudaismus der Nazis die Gemeinsamkeiten des liberalen und orthodoxen Judentums betont, erläuterte die promovierte Philosophin: den Glauben an die Einheit Gottes und die Kraft des Menschen zum Guten. Dienemann habe für die Akzeptanz der Mannigfaltigkeit jüdischen Lebens geworben.

 

Angst vor Auflösung

 

Was das liberale Judentum von der Orthodoxie abhebe, sei die Kritik an „überlebten Institutionen und Riten", berichtete Albertini. Dienemann habe , nichts zur Bibel dazufügen und nichts weglassen wollen. Er habe aber die Pflicht einer jeden Generation eingefordert, den Text vor dem Hintergrund der sich verändernden Welt neu zu interpretieren und eine angemessene Form zu finden, das Leben nach dem Willen Gottes zu gestalten. Dieser Ansatz errege das Misstrauen der Orthodoxen, die eine Auflösung des Judentums befürchteten, so Albertini. Die jüdische Gemeinde in Göttingen ordnet sich dem liberalen Judentum zu.

Zurück